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AKTUELL:
Vortrag am 9. Dezember 2008, 20 Uhr, Buchhandlung Friedrich, St. Ingbert/Saar

 

     
 

Harald Bost:
Was wir zum 125. Geburtstag Franz Kafkas
sicher  zu seinen Schriften sagen können...

 

...ist das, was man sieht, wenn man seine Handschrift liest. In dem Romanfragment „Der Process“ steht: „Lasst mich zum Teufel“. Dieser Satz bedeutet etwas anderes als derjenige, den man in den unterschiedlichen Ausgaben von Max Brod oder Malcolm Pasley zu lesen bekommt: „Lasst mich, zum Teufel.“

Im Domkapitel desselben Romans berichtigt Kafka beim Erzählen der Türhüterlegende das „tatarische“ Aussehen seines Türhüters in ein „tartarisches“. In der unter dem Titel „Vor dem Gesetz“ getrennt veröffentlichten, selbstän­digen Version der Erzählung begegnet der Mann vom Lande in den verschiedenen Ausgaben wieder dem „tatarischen“ Türhüter. Im Domkapitel des Romans aber schaut er weiterhin in das „tartarische“ Gesicht. Sind die unterschiedlichen Scheibweisen unbedeutende Nachläs­sig­keiten in der Orthographie,die nichts

 
 

besagen und stillschweigend korrigiert werden können, oder bietet „tartarisch“ einen Ansatzpunkt zum Verständnis der Geschichte?

Kafka wollte auf keinen Fall, daß man „das Insekt“ auf dem Buchdeckel seiner Erzählung „Die Verwandlung“ abbildet. Die englische Taschenbuchausgabe der Erzählung zeigt die Zange eines Hirschkäfers auf dem Cover. Von einem Hirschkäfer aber ist in der Geschichte keine Rede. „Mistkäfer“ nennt die Reinemachefrau den verwandelten Gregor. Hat auch das weiter nichts zu sagen oder verhilft der „Mistkäfer“ zu einer völlig neuen Sicht auf die Geschichte?

Kafka berichtigt im ersten Kapitel des Prozeß-Romans das ursprüngliche „gefangen“ in „verhaftet“: „Jemand musste Josef K. verläumdet haben, denn ohne dass er etwas Böses getan hätte, wurde er eines Morgens gefangen verhaftet.“ Hat man in dieser Korrektur nur eine stilistische Verbesserung zu sehen oder auch eine Sinnerweiterung und ein Verkehren ins Komische, wenn „Verhaftung“ soviel bedeutet wie, “Bewegung machen und doch nicht weggehn“.

Das berühmte Kürzel „K.“ schreibt Kafka auf sieben verschiedene Arten von „Karl“ über „ka“, „k“, „K“ bis „Ka“. Ist es nur eine Nachlässigkeit beim schnellen Schreiben oder lassen sich daraus Rückschlüsse auf seine Bedeutung ziehen?
Sicher ist, was man sieht. Die Frage lautet: Bedeutet es auch etwas? Und wenn ja, was? Auf diese Frage möchte ich in meinem Vortrag eine Antwort anbieten. 

 
 

Der Vortrag ist eine Gemeinschaftsveranstaltung von tertium comparationis. netzwerk für komparatistik e.V. in Zusammenarbeit mit der katholischen Erwachsenenbildung Saar-Pfalz und der Buchhandlung Friedrich in St. Ingbert.

 
     
 

LINK

 
 

www.tertium-comparationis.de (enthält auch Veranstaltungsflyer und Plakat als Download)

 
     

 

© by Harald Bost, 2008